An den Bächen im Heppenheimer Stadtgebiet (Stadtbach, Kirschhäuser Bach, Erbach, Hambach, Laudenbach und Scheuerbach) wurden bereits im Mittelalter eine größere Anzahl von Mühlen errichtet. In den Wassermühlen sowie etlichen mit Muskelkraft angetriebenen Mühlen (darunter mindestens eine Eselsmühle und eine Hunde-Tretmühle) wurde nicht nur Getreide gemahlen, sondern auch Öl geschlagen, Steine und Metall geschliffen, Holz gesägt, Leder gewalkt, Hanf gerieben, Gips und Schwarzpulver hergestellt und elektrischer Strom erzeugt. Auch gab es eine Dampf-Schneidmühle.
Heinz Reitz nannte 1997 in seinem Buch "Mühlen wiederentdeckt" einundvierzig Heppenheimer Mühlen (einschließlich der Stadtteile). Weitere Mühlen wurden seitdem "wiederentdeckt". Hinzu kommen noch recht viele Mühlen, von denen nur sehr wenig bekannt ist.
Insgesamt geriet das Wissen über die Mühlen, ihre Müller und das Müllerhandwerk in unserer Gesellschaft immer mehr in Vergessenheit.
Heute (2024) wissen wir nach fast zwölf Jahren intensiver Forschung, dass es einst mehr als 80 Mühlenstandorte - oft mit Mehrzweckmühlen - in Heppenheim gab. An mindestens 60 dieser Mühlenstandorte wurde die Wasserkraft genutzt. Diese sehr hohe Konzentration von Wassermühlen an vergleichsweise kleinen Bächen ist recht außergewöhnlich. Die Wasserkraft wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts nahezu maximal ausgenutzt.
--> Heppenheim war reich an Mühlen! Eine richtige Mühlenhochburg.
--> Heppenheim = Stadt der Mühlen
Keine dieser Mühlen arbeitet mehr. Viele sind seit Beginn des Mühlensterbens um 1865 völlig verschwunden. Die letzte Mühle wurde 1975 stillgelegt. Nur in drei Mühlen ist die Innenausstattung, d. h. das Mühlwerk, noch erhalten.
Der Verfasser hat im Sommer 2016 erstmals eine "Heppenheimer Mühlenkarte" erstellt, die 52 Mühlenstandorte im Stadtgebiet mit 54 Wassermühlen enthielt. Diese Mühlenkarte liegt seit Juli 2023 in der 5., aktualisierten Version vor und enthält nun 74 Mühlenstandorte im Heppenheimer Stadtgebiet sowie 10 Mühlen im angrenzenden, baden-württembergischen Laudenbach.
Die Mühlenkarte kann – wegen Einschränkungen des T-online-Programms – leider nicht mit besserer Auflösung auf der Homepage dargestellt werden. Die Mühlenkarte ist ausgedruckt in der Geschäftsstelle
der Heppenheimer Tourismus-Information – im Stadthaus in der Friedrichstraße – im Format A3
kostenfrei erhältlich. Als jpg-Datei kann sie auch beim Verfasser
mit guter Auflösung bestellt werden.
Das Türgewände der 1771 erbauten Stadtmühle wurde nach deren Abriss 1969 in die Wand des Kurpfälzischen Amtshofes versetzt und blieb dadurch erhalten:
Entsprechend der großen Zahl an Mühlen, gab es in Heppenheimer viele Müller (hochgerechnet mehr als 1800) und eine erhebliche Anzahl von ausgeprägten Müller-Familien, z. B.
ANTES
BAUER
BECHTEL
BECK
BECKER
BEER
BERG
BITSCH
BRÄUNIG
CHRIST
DIETER
DREYLING
EBERHARD
EBERLE
ECK
EMIG
FLATH
GIEGERICH
GREIN
GUTHIER
HAAG
HELFERT
HELMLING
HÖCHSTER
KÄMMERER
KEIL
KESSLER
KIESNER
KNAPP
KOHL
LIES
LÖFFLER
MANG
MEINBERG
MEYERHÖFER
MICHEL
MISCHLER
MITSCH
MÜLLER
PFEIFER
REIF
RICKERT
RODENHEBER
RÖHRER
SCHÄFER
SCHMITT
SCHORK
SCHUSTER
SCHWEINSBERGER
STEIN
TILGER
TUGER
WERLE
WOLF
Ein schöner, aber auch ungewöhnlicher und sehr glücklicher Zufall ist es, dass vor 540 Jahren ein Herman Muller (mein Vor- und mein Familienname!, aber höchstwahrscheinlich nicht verwandt) als Müller auf einer Heppenheimer Mühle mehrmals urkundlich genannt wurde. Er war wohl Pächter, da seine Mühle, die spätere Schäfersmühle, damals dem Adel gehörte. 1480 zahlten seine Erben einen Zinskappen [Naturalabgabe in Kapaunen] von der Mühle. (Quelle: Salbuch von 1480, HStAD)
An den Müllern spiegelt sich die Gesellschaft und die Geschichte der Region. Es gab arme und reiche Müller. 1864 waren unter den 61 "Höchstbesteuerten" (steuerzahlende Personen) im Kreis Heppenheim allein sechs Mahlmüller aus Heppenheim (mit seinen Stadtteilen) vertreten. Viele Müller kämpften jedoch im harten Wettbewerb, verschuldeten sich und mussten aufgeben.
An 800 Jahre Mühlengeschichte erinnert seit März 2014 der
HEPPENHEIMER MÜHLENRUNDWEG.
Dieser Rundweg auf den Spuren der Mühlenindustrie wurde von der Stadt Heppenheim zusammen mit den Heppenheimer Altstadtfreunden e. V. und dem Heppenheimer Geschichtsverein e. V. geschaffen. Am 1. Juni 2014 fand die erste öffentliche Führung statt. Ein Teil des Mühlgrabens am Fuß des Schloßbergs wurde wieder freigelegt. Die Ausgestaltung des Mühlenrundweges ist noch in Arbeit. Die Tourismus-Information bietet Führungen auf dem Mühlenrundweg auf verschiedenen Routen zu festen Terminen und für Gruppen nach Vereinbarung an.
Am 12. Juni 2016 wurde mit einer öffentlichen Führung der Mühlenrundweg bis nach Kirschhausen erweitert. Im Februar 2020 wurde der "Hambacher Mehltrog von 1741"
von der Starkenburg in das Rathaus gebracht, dieses ist jetzt eine
Station des Mühlenrundwegs.
Auf einer Gesamtstrecke von etwa 6,5 km führt der Mühlenrundweg heute zu 23 Stationen.
Am 5. Juni 2017 (Pfingstmontag) nahm Heppenheim mit seinem Mühlenrundweg erstmals am Deutschen Mühlentag mit Führungen, einer Mühlenausstellung, Mühlenwein und Mühlenbrot teil. Auch am 21. Mai 2018 und – nach der Unterbrechung wegen der Corona-Pandemie – erneut am 6. Juni 2022 sowie am 29. Mai 2023 wurde mit jeweils zwei Führungen am Deutschen Mühlentag teilgenommen.
Ausführliche Informationen zum Mühlenrundweg finden Sie auf der Homepage der Stadt Heppenheim sowie vertiefend über folgenden Link:
Seit dem 9. Dezember 2020 erinnert auf dem Mühlen-Kreisel im Süden der Stadt Heppenheim ein Kunst-Mühlrad des Abtsteinacher Künstlers Martin Hintenlang an die außergewöhnliche Heppenheimer Mühlengeschichte. Die Idee für einen Mühlen-Kreisel brachte Frau Pia Keßler-Schül von einem Urlaub in Tirol mit. Sie engagierte sich mit großer Kraft für die Realisierung des Mühlen-Kreisels und ihr ist zu verdanken, dass das Ziel erreicht wurde.
Nach der Ergänzung um "Schleifen" und der Aufstellung der Geopunkttafel "Mühlen-Kreisel" sowie zweier Mühlsteine wurde das Gesamtwerk am 8. Oktober 2021 offiziell eingeweiht.
Das Kunst-Mühlrad auf dem Mühlen-Kreisel steht nicht nur
für Heppenheim als frühere Mühlenhochburg mit der Erinnerung an 800 Jahre Mühlengeschichte und die
umweltfreundliche Nutzung der Wasserkraft in über 60 Wassermühlen, sondern symbolisiert durch seine
Öffnung und die an Wellen erinnernden Schleifen nicht nur den
Niedergang der Mühlenindustrie und damit auch das Verschwinden des
Müllerhandwerks. Vielmehr soll das aufgebrochene, geöffnete Mühlrad auch in die Zukunft weisen
und einen Denkanstoß zur Nutzung von neuen Möglichkeiten der Erneuerbaren
Energien im sehr wichtigen Kampf gegen den Klimawandel geben.
Der Winzer-Kreisel im Norden der Stadt und der Mühlen-Kreisel
im Süden symbolisieren zusammen zwei Berufszweige, die in dem früher
landwirtschaftlich geprägten Heppenheim eine große Bedeutung hatten.
Beachtenswert ist dabei auch die enge Verbindung zwischen den Müllern und
Winzern. Zu mindestens 22 der 44 Mühlen, die zur Spitzenzeit um 1870 in Betrieb
waren, gehörte wenigstens ein Weinberg und ihre
Mühlenbesitzer betrieben im Nebenerwerb Weinbau.
Geopunkttafel "Mühlen-Kreisel" 2021: (Patin für die Pflege dieser kleinen Anlage ist Frau Pia Keßler-Schül.)
Eine besondere Rolle in der Heppenheimer Mühlengeschichte nahm die Müller-Dynastie TUGER ein. Informationen zu dieser Familie sind in folgender Datei zusammengestellt:
Der Verfasser hat eine detaillierte, sehr ausführliche Dokumentation zu den einzelnen Heppenheimer Mühlen,
ihren Müllern und den Müller-Familien (Müller-Geschlechtern) erstellt. Alle gesammelten Informationen sind in einem dicken Buch mit 1006 Seiten und mehr als 2250 farbige Abbildungen sowie zahlreichen Tabellen enthalten:
Mühlenhochburg Heppenheim Großes Mühlen- und Müller-Lexikon
Die Geschichte von über 80 Mühlen (Mühlenstandorten) sowie vieler weiterer Mühlen wurde in zwölf Jahren sehr gründlich erforscht und in dem Teil 'Mühlen-Lexikon' ausführlich beschrieben. Bei der Forschung wurden bisher auch über 1050 namentlich bekannte Mühlenbesitzer,
Mühlenpächter, Müller und Mühlknechte sowie Mühlärzte, die auf
Heppenheimer Mühlen arbeiteten, erfasst und deren Daten im 'Müller-Lexikon' veröffentlicht.
Das Buch enthält nicht nur Daten und Fakten zur Heppenheimer Mühlengeschichte sondern viele Quellen, Episoden und Auswertungen einschließlich eines Glossars, die zum Schmökern anreizen und eine Informationsquelle für vielerlei Forschungen zur Sozial-, Rechts- und Industriegeschichte enthalten. Das 'Müller-Lexikon' ist eine Fundgrube für Familienforscher.
Das Buch ist seit dem 15. März 2024 über die Heppenheimer Buchhandlung May, die Heppenheimer Tourist-Information, den Gendi- bzw- Odenwaldverlag oder den Heppenheimer Geschichtsverein zu beziehen.
- wird bei Bedarf ergänzt -
Ich freue mich auf Anregungen für die weitere Gestaltung dieser Seite!